4.04.08
1978
Beim Hertie in der Turmstraße stehen billige fernöstliche E-Gitarren herum. Die Hälse im Querschnitt dicker wie das Griffbrett breit, aber dafür ausgestattet mit mindestens vier schlecht klingenden Tonabnehmern. Wegen der sadistisch eingestellten Saitenlage auch Eierschneider gescholten, vermitteln die Teile Sunburst-mäßig ein wenig von den Farben einer gerade untergegangene Epoche namens Sechziger Jahre. Auch wenn endlose Revivals der Popmusikgeschichte erst ungefähr zehn Jahre später erstmalig eingeführt werden sollen.
(Foto: Schrottys Homepage)
Zufällig wird die Abteilung in der ersten Etage auch von einem netten Hippie betreut, welcher uns heranwachsende Neuntklässler-Pubertätsmonster wohlgesonnen ist und das Ausprobieren des qualitativ minderwertigen Equipments ausdrücklich erlaubt. Und so sollen auch bald die bekannten Dilettanten-Klassiker eines Volkshochschulgeschädigten 15-jährigen zur Darbietung kommen. "Lady in Black" (Lied der piepsenden Trottellummen mit höchstens zwei Akkorden), "Liebe auf Zeit" (Ricky King's hochgeniale Instrumentalversion auf der hohen E-Saite) und als Zugabe das obligatorische "Knocking On Heaven's Door". Letzteres bleibt wohl auf ewig in meiner Erinnerung an die evangelisch-erzogene Sommerfrische, welche damals zudem organisiert wurde, uns Moabit-verhustete Kinder ans Steinhuder Meer zu entführen.
Posted by michfiel at 4.04.08 8:20